Neuchings Bürgermeister Hans Peis hatte am Donnerstag nach 18 Jahren seinen letzten Arbeitstag. Wir blicken mit ihm zurück.

Hans Peis: Kunst und Kochen statt Paragrafen und Projekte

Atelier statt Schreibtisch: Entspannen und der Kreativität freien Lauf lassen kann Hans Peis in seiner privaten Kunstwerkstatt. Das Malen ist seit vielen Jahren ein Hobby des scheidenden Rathauschefs. Und auch für Ehefrau Helga möchte er fortan mehr Zeit haben. © Daniela Oldach

Neuching – Lange Haare, bunte Hemden und ein Schäfermantel: Alteingesessene Bürger können sich bestimmt noch an die schrillen Outfits des jungen Hans Peis’ erinnern. „Ich habe nicht dem damaligen typischen Klischee eines Neuchinger Bauernbuben entsprochen“, erinnert sich der mittlerweile 68-Jährige lachend. Ob er dem typischen Klischee eines Bürgermeisters entsprochen hat, kann er nicht sagen. „Ich kann aber mit Fug und Recht behaupten, dass ich immer versucht habe, mein Bestes zu geben, und Toleranz und Respekt im Leben sehr wichtig sind“, sagt der Neuchinger Rathauschef, der heute seinen letzten Arbeitstag hat.

 

2002 wurde der Gerichtsvollzieher Nachfolger von Hans Brunhierl 

18 Jahre lang stand Hans Peis an der Spitze der Gemeinde Neuching. 2002 wurde der Gerichtsvollzieher als Nachfolger von Hans Brunhierl gewählt. Dass er einmal Bürgermeister werden würde, daran hatte Peis früher nicht gedacht. „Eigentlich hat sich alles ergeben. Ich bin überall reingestolpert“, räumt Peis offen ein. Der Traum des jungen Peis’ war es eigentlich, Modedesign zu studieren. Doch den Besuch dieser Schule konnte sich die Familie nicht leisten. Und so machte er eine Ausbildung beim Amtsgericht, schlug die Beamtenlaufbahn ein und wurde später Gerichtsvollzieher.

1990 kandidierte Peis erstmals für den Gemeinderat

Auch auf der Theaterbühne ein gutes Team: 2012 spielte das Ehepaar Peis im Stück „Wer zoid, schafft o‘“ mit. © Daniela Oldach

1989 trat Peis in die CSU ein. Marianne Lehmer hatte ihn angesprochen, Max Lehmer dann angeworben. Bei den Kommunalwahlen 1990 kandidierte Peis erstmals für den Gemeinderat. „Dann kannst endlich mal gscheid daherreden“, kommentierten Ehefrau Helga und Sohn Alexander diese Entscheidung trocken. Mit den viertmeisten Stimmen schaffte der gebürtige Oberneuchinger auf Anhieb den Sprung ins Gremium. Fraktionszwang war für ihn ein jedoch ein Fremdwort. „Ich bin durchaus ein kritischer Geist und sage meine Meinung. Dafür wurde ich damals schon argwöhnisch beäugt“, blickt er zurück.

Stolz machte ihn 1995 die CSU-interne Frage, ob er ein Jahr später gegen Amtsinhaber Brunhierl als Bürgermeister kandidieren möchte. Peis sagte zu, „denn ich werde es ja sowieso nicht. Aber es war total peinlich, mein Gfries auf dem Plakat zu sehen“, erinnert er sich. Vier Stimmen fehlten ihm zur Stichwahl, in der sich Brunhierl durchsetzte. Peis blieb im Gemeinderat. Die Wahl zum Zweiten Bürgermeister verlor er mit 6:7 Stimmen gegen Franz Mair. Beim Dritten Rathauschef stand es zweimal 6:6 gegen Otto Hainz. Im dritten Wahlgang wurde gelost – Hainz gewann.

Kein Gegenkandidat 2002

Bei den Kommunalwahlen 2002 hatte Peis keinen Gegenkandidaten mehr. Auf der CSU-Liste stand er jedoch nicht. „Ich hatte gelesen, dass ein Kandidat auch von den anderen unterstützt werden kann“, berichtet er von einem Beispiel aus dem Freisinger Landkreis. Die anderen Parteien und Gruppierungen sicherten ihm ihre Unterstützung zu. „Dafür bin ich im Nachhinein wahnsinnig dankbar“, sagt Peis. Ehefrau Helga war gegen den Entschluss ihres Mannes. „Aber wenn du es machen willst, dann mach es“, sagte sie.

Dreier-Gespann: Seit 2008 wird Bürgermeister Hans Peis (M.) von Manfred Mittermaier und Martin Bichlmaier (r.) vertreten. © Daniela Oldach

Richtungsweisende Projekte hat die Kommune in Peis’ Amtszeit verwirklicht. Der Bau des Wohn- und Geschäftshauses in Niederneuching mit Lebensmittelladen, Apotheke, Arztpraxis und Wohnungen ist eines der prägendsten. „Ich hatte damals größte Ängste und auch schlaflose Nächte“, sagt er. Doch die Resonanz ist prächtig. So hat sich das Café auch zum sozialen Treffpunkt entwickelt – vor der Corona-Zeit natürlich.

Aushängeschilder hat Peis mit den Gemeinderäten viele geschaffen

Apropos Soziales: Für die Gründung des Arbeitskreises Senioren und Soziales ist maßgeblich Helga Peis verantwortlich, die die Einstellung zum Beruf ihres Mannes schnell änderte und zur Unterstützerin avancierte. „Hans, du musst was für die alten Leute tun“, hatte sie zu ihrem Gatten gesagt. Noch heute organisiert Helga Peis den Fahrdienst und kauft regelmäßig für Senioren ein.

Größtes Erfolgsprojekt: Die Resonanz auf das Wohn- und Geschäftshaus Niederneuching hat auch Peis überrascht. © Daniela Oldach

Aushängeschilder hat Peis in seiner Amtszeit (seit 2008 hauptamtlich) mit den jeweiligen Gemeinderäten viele geschaffen. Die Neugestaltung der Ortsmitte Oberneuching, das kommunale Mehrfamilienhaus Am Kampelbach, das Gewerbegebiet Feldlerchenstraße, die Ausweisung der Baugebiete Talweg, Lößbergfeld, Margeritenstraße und Lilienweg oder die Erweiterung des Kinderhauses St. Martin sind nur einige Beispiele. Die Bücherei im Wohn- und Geschäftshaus Niederneuching ist ein feiner Lesetempel geworden. Nicht zu vergessen der Christkindlmarkt, der abwechselnd einmal in Ober- und einmal in Niederneuching stattfindet.

„Schade, dass ich einige Projekte nicht mehr begleiten kann“

Den Bau der Mehrzweckhalle zwischen Ober- und Niederneuching und die Errichtung eines neuen Kinderhauses auf dem dortigen Areal wird Peis künftig aus der Ferne beobachten. „Es ist schon schade, dass ich einige Projekte nicht mehr begleiten kann“, gibt er zu. „Arbeitskreise haben mir immer am meisten Spaß gemacht“, gesteht er.

Hat der 68-Jährige große Erwartungen an den Ruhestand? „Ich versuche, sie nicht zu haben“, sagt er. Dass sich im Leben nicht immer alles planen lässt, zeige jetzt Corona. „Ich kann morgen krank sein. Meine Frau kann morgen krank sein. Die Erwartungen sind entsprechend gedämpft.“

Corona: „Ruhigere Gangart“ in den vergangenen Wochen

Die letzten Arbeitswochen hätten durch Corona schon fürs Runterkommen gesorgt. Weniger Termine, keine Bürgerversammlung und auch keine Gemeinderatssitzung: „Das war in den vergangenen Wochen schon eine ruhigere Gangart.“ Beim Malen in seinem Atelier kann sich Peis entspannen. „Vielleicht mache ich mal eine Ausstellung, vielleicht aber auch nicht. Ich lasse das alles auf mich zukommen“, sagt er. Aber lesen und vor allem auch mal santeln ohne schlechtes Gewissen stehen jetzt auf der Tagesordnung.

Apropos Tagesordnung: Lange bevor dort berufliche Termine standen, beherrschten Hausarbeit und Kochen Peis’ junges Leben. Denn seine Mutter Maria arbeitete auf dem Feld. Er musste als Ältester für seine Geschwister sorgen. Und so möchte er im Ruhestand auch mal wieder am Herd stehen.

Quelle: Daniela Oldach im Erdinger Anzeiger vom 30. April 2020

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