Unser Ehrenvorsitzender


Sternstunden im Bundestag

Der Einstieg in den Deutschen Bundestag war für mich eine ganz besondere Zäsur im Laufe meines Berufslebens. Nach über 40 Berufsjahren als praktizierender Landwirt und Agrarwissenschaftlicher erreichte mich im 58. Lebensjahr völlig überraschend die Frage, ob ich für eine Bundestagskandidatur zur Verfügung stünde.

Nach 25jähriger erfolgreicher Firmenzugehörigkeit in einem sehr interessanten Aufgabengebiet im Bereich des landwirtschaftlichen Pflanzenbaues bin ich nach gründlicher Überlegung als Direktkandidat für die vorgezogene Bundestagswahl 2005 angetreten und konnte mit über 58 % das Direktmandat für den neuen Wahlkreis Erding/Ebersberg erringen.

Meine Arbeitsschwerpunkte als Abgeordneter habe ich berufs- und ausbildungsbedingt in den Bereichen Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz, Umwelt- und Naturschutz sowie in der Agrarforschung gewählt. Zu den entsprechenden Ausschussmitgliedschaften habe ich in meiner zweiten Legislaturperiode zusätzlich die Leitung des Arbeitskreises VI der CSU-Landesgruppe übernommen.

Es war für mich ein besonderer Glücksfall, langjährig erworbene fachliche und wissenschaftliche Erfahrungen und Erkenntnisse in vielen Bereichen unmittelbar in die parlamentarische Arbeit einbringen zu können. Die damit allseits erworbene Anerkennung hat mir große Freude und Ansporn bereitet. So empfand ich es als meinen ganz besonderen Erfolg, mit allen Fraktionen des Bundestages einen gemeinsamen Antrag zum Thema „Keine Patente auf Pflanzen und Tiere“ zu formulieren, der auch vom Parlament ohne Gegenstimme angenommen wurde. Die Bundesregierung hat damit eine politische Legitimation für entsprechende Forderungen gegenüber der EU.Ein besonderes Anliegen war es mir, im Rahmen der Förderung erneuerbarer Energien der Biomasse als vielseitig einsetzbarer, ökologisch vorteilhafter und dezentral nutzbarer Energieträger eine adäquate Rolle zuzuweisen. Biomasse gilt heute als unverzichtbarer Baustein zukunftsweisender Energiekonzepte für Wärme, Strom und Mobilität.Die Landwirtschaft als elementarer Wirtschaftsbereich wird künftig in ihren wichtigen Aufgabenstellungen, der Nahrungserzeugung, der Energie- und Rohstoff-Bereitstellung sowie ihrer ökologischen Funktion weltweit enorm an Bedeutung gewinnen. Insbesondere die Funktion der Landwirtschaft zur Beseitigung des Welthungers sehe ich als größte Herausforderung der nächsten Generation. Dies zu fördern war und ist mein ganz besonderes Anliegen, auch noch in Zukunft. Der biologisch-technische Fortschritt wird erheblich zur globalen Hungerbeseitigung beitragen müssen. Auch deshalb halte ich eine verstärkte Agrarforschung für dringend nötig.Neben der fachlich betonten Arbeit gab es für mich echte Sternstunden als Parlamentarier. Ich hatte während meiner Amtszeit gleich dreimal die Möglichkeit, an der Wahl zum Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland in der Bundesversammlung teilzunehmen. Es war schon etwas Besonders, mit 1.244 Volksvertretern aus Bund und Land das oberste Staatsorgan zu wählen. Zu den bewegendsten Momenten, die ich als Abgeordneter und Katholik erleben wurde, war auch die Rede von unserem Heiligen Vater, dem Deutschen Papst Benedikt XVI im Deutschen Bundestag.Während meiner achtjährigen Tätigkeit als Abgeordneter stand mein Wahlkreis immer ganz besonders im Fokus meiner Arbeit. Ich habe viele Möglichkeiten genutzt, dass Erding und Ebersberg als Einheit zusammenwächst. Ein besonderes Anliegen war dabei die Verbesserung der Verkehrserschließung des Flughafen-Umlandes und deren Anbindung an das überregionale Verkehrsnetz. Der Wahlkreis liegt in einer wirtschaftlich boomenden Region. Gerade deshalb war es eine besondere Herausforderung, den sozial Schwächeren zu helfen – persönlich unmittelbar und über die Unterstützung der vielen sozialen Einrichtungen.

Als „Anwalt der Bürgerinnen und Bürger“ war es eine besondere Freude für mich, mit vielen Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen, sich deren Anliegen anzunehmen und auch in vielen Einzelfällen helfen zu können.

Ein ganz besonderer Schwerpunkt meiner Bürgerarbeit waren Besuche in vielen Schulen des Wahlkreises, bei denen ich mit Schülern in über 150 Klassen über die Arbeit des Abgeordneten und die Notwendigkeit der demokratischen Mitgestaltung diskutieren konnte.

Auch der Besuch von vielen, vielen Bürgerinnen und Bürgern aus den beiden Landkreisen in Berlin hat mich immer wieder gefreut. Ich konnte ihnen vor Ort meine Arbeit näher bringen. Es war schön zu erleben, dass die Teilnehmer gut informiert und begeistert aus der Bundeshauptstadt nach Bayern zurückkehrten.

Ich erlaube mir auch einige kritische Anmerkungen aus Sicht eines Quereinsteigers nach längerem Berufsleben. Besonders schwierig waren die ersten Erfahrungsjahre als Parlamentarier. Die Gewöhnung an langwierige, oft unstrukturiert empfundenen Entscheidungsprozesse mit unvorhersehbaren Kompromissergebnissen haben mich viele Nerven gekostet. Ich habe mir oft gewünscht, das Parlament hätte noch mehr prägenden und gestaltenden Einfluss. Die Exekutive habe ich dagegen als zu dominant empfunden. Zu oft richtet sich meiner Empfindung nach die Politik in ihren Entscheidungen nach öffentlichen (oder veröffentlichten!) Stimmungen. Ich habe mir bei den Diskussionen mehrfach stärkeren fachlich und wissenschaftlichen Bezug gewünscht.

Folgender Ausspruch des Altbundespräsidenten Walter Scheel bringt es meines Erachtens als Leitspruch für Politiker auf den Punkt: „Es kann nicht die Aufgabe eines Politikers sein, die öffentliche Meinung abzuklopfen und dann das Populäre zu tun. Aufgabe des Politikers ist es, das Richtige zu tun und es populär zu machen.“

Insgesamt gesehen hat mir meine Aufgabe als Mitglied des Deutschen Bundestages sehr große Freude bereitet. Allein die Möglichkeit bekommen zu haben, an vorderster Front an Verbesserungen für unser Land und ihre Bürger mitarbeiten zu dürfen, war ein besonderes Erlebnis, das ich in meinem Leben nicht missen möchte.

Deshalb gehe ich jetzt mit einem weinenden und einem lachenden Auge in meinen neuen Lebensabschnitt.

Dr. Max Lehmer MdB


Ende einer „außergewöhnlichen Tätigkeit“

Abgeordneter Dr. Max Lehmer bricht seine Zelte in Berlin ab – Er hat noch viel vor

Erding. Er sieht das Ende einer „außergewöhnlichen Tätigkeit“ mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Dr. Max Lehmer verlässt nach acht Jahren als CSU-Abgeordneter Berlin, um sich mit 66 Jahren künftig mehr der Familie und seinen Hobbys zu widmen. Sein Fazit fällt durchwegs positiv aus, zumal es politische Projekte gibt, die er mit seiner Fachkompetenz auch weiterhin begleiten wird.

Dr. Max Lehmer war gerne Bundestagsabgeordneter.

Max Lehmer muss noch ein paarmal nach Berlin, „die Arbeit endet erst Ende Oktober“, sagt er. Drei Schülergruppen hat er zu betreuen, Sondersitzungen und Besprechungen zu absolvieren. Deshalb behält er seine Wohnung dort auch bis Anfang 2014, weil er noch zur Grünen Woche will und weil seine Kinder die Hauptstadt um Weihnachten herum unsicher machen möchten.

Sein Fazit nach acht Jahren im Parlament fällt sehr positiv aus. Er spricht von einer „außergewöhnlichen Tätigkeit“ – die er nie aktiv angestrebt hat. Max Lehmer war zwar 30 Jahre lang Gemeinderat und 25 Jahre Kreistagsmitglied für die CSU, aber als ihn die Kreisvorsitzenden im damals neu gegründeten Bundeswahlkreis Erding- Ebersberg fragten, ob er für den Bundestag kandidieren wolle, da hat ihn das doch sehr überrascht. Die Entscheidung wollte gut überlegt sein, war Lehmer doch als selbstständiger Landwirt und als Angestellter eines auch mit der Forschung betrauten Unternehmens in einer gesicherten Dauerstellung. Und dazu schon 57 Jahre alt: „Da denken andere schon allmählich an den Vorruhestand.“ Dennoch hat er seine Entscheidung nie bereut, obwohl ihm klar war: „Das ist nur für vier Jahre. Dann bin ich quasi Zeitarbeiter.“ Überwogen hat letztlich „der Reiz, etwas bewegen zu können“.

Harte Arbeit war Max Lehmer gewohnt: Als junger Mann hat er morgens Kühe gemolken und abends am Abendgymnasium fürs Abitur gebüffelt, hat studiert und eine Familie gegründet – in den Schoß gefallen ist ihm nichts. Auch nicht in Berlin. „Der Umstieg zum Berufspolitiker war eine gravierende Zäsur“, sagt er, „es war am Anfang schwer: Du fängst ein völlig neues Leben an.“ Zwei Jahre habe es gedauert, bis er sich „eingerichtet“ hatte, Internas kannte, das notwendige Netzwerk stand. Das sei ein mühsamer Prozess gewesen, vor allem für einen ungeduldigen Menschen wie ihn, der es gar nicht erwarten konnte, seine Ideen einzubringen, anzupacken. Dann sei er aber „gut in Tritt gekommen“, erinnert sich Lehmer, die Mitgliedschaft im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz war ihm sozusagen auf den Leib geschrieben: „Da habe ich sehr effizient gearbeitet.“ Sehr befriedigt hat ihn auch die Aufgabe als Sprecher für Agrarforschung der Gesamtfraktion, da hat er seine Fachkompetenz einsetzen können. „Damit konnte ich viele überzeugen, das hat mir gut getan“, wertet er rückblickend.

Sein Fazit über die vergangenen acht Jahre fällt auch deswegen so außerordentlich positiv aus, „weil die Aufgabe, eine Viertelmillion Bürger zu vertreten, den ganzen Menschen fordert“. Man komme mit unglaublich vielen in Kontakt, könne helfen.

Im Parlament habe er viele Highlights erlebt, so Dr. Lehmer. Besonders fasziniert hat ihn die Führungskraft der Bundeskanzlerin. Wie Merkel durch Probleme wie seit 60 Jahren nicht, durch Bankenpleite und Schuldenkrise geführt habe, das sei „unglaublich gut“ gewesen. Zwar gebe die aktuelle Situation nach wie vor keinen Anlass zu Euphorie, „aber wir sind viel weiter als alle um uns herum“. Daran mitwirken zu können, das habe Freude bereitet, „auch wenn es viele schlaflose Nächte forderte“. „Wir haben den stabilen Rahmen gesetzt und ich bin froh, dabei gewesen zu sein“, betont der CSU-Politiker.

Er war gerne Abgeordneter, denkt an Sternstunden wie drei Bundespräsidentenwahlen, die Papstrede im Parlament, die Gespräche mit weltweit führenden Finanz- und Währungsexperten. Unumwunden gibt er zu, dass ihm das Aufhören schwer fällt. Er hat lange überlegt, viel mit der Familie geredet, um mit sich selber ins Reine zu kommen. Letztlich fiel der Entschluss gegen Berlin und für ein Leben nach der Politik. Wenn auch nicht ganz ohne Politik: „Es gibt Projekte, die über den Tag hinaus betreut werden wollen“, umschreibt Max Lehmer seinen künftigen Einsatz im Bereich Biomasse als Energieträger und in Fragen der Welternährung. Zudem ist er im Forschungsbereich in einen Stiftungsrat eingebunden. „Ich falle also nicht in ein Loch“, versichert er, „vielmehr bin ich froh, dass ich fachpolitisch weitermachen darf, ohne den Minutenstress an sieben Tagen die Woche“.

Er sei kein Typ für Langeweile, weiß Lehmer, ihm fehle vielmehr die Zeit im Verhältnis zu den Ideen und Wünschen, die er habe.

Die will er sich künftig vermehrt nehmen für die Familie, zu der fünf erwachsene Kinder und vier Enkel gehören. Mit den Enkeln zusammen geht er jetzt in die Musikschule, um seine Instrumentalkenntnisse zu erneuern, außerdem wird man ihn künftig wieder öfter als Mitglied des Eicherloher Dreigesangs hören. Segeln und Bergwandern hat er sich darüber hinaus vorgenommen, alles wieder möglich nach einer erfolgreichen Herzoperation vor zwei Jahren. Stillsitzen? Nein. Unruhestand? Ja.

Karin Alt in der Moosburger Zeitung vom 17.9.2013

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